Wenn man als Chef zum Propheten wird, hat das nichts mit Esoterik zu tun …
Wie alles begann…
Es begann alles im Februar 2019. Eine junge Frau stellte sich als Bewerberin für ein Duales Studium bei uns vor. Engagiert, werteorientiert, lebendig. Sie war pünktlich und sehr fokussiert.
Ihre Überzeugung und ihre Ansichten haben uns überzeugt und so startete ihre Beschäftigung im April 2019 bei uns. Ihre Themenwahl im Studium war Internationales Management und Marketing. Wir nahmen sie herzlich auf und integrierten sie in unserem Team. Wir hatten Spaß, haben gemeinsam alles gegeben und sind so manches Mal über unsere Grenzen hinaus gegangen.
Die Veränderung…
Kreativ, verrückt, engagiert haben wir so manches Projekt initiiert und für unsere Kunden sehr oft auch voraus gedacht. Dann gingen auch wir ins Home-Office. Die Verbindung im und mit dem Team blieb, auch wenn ein paar Kilometer zwischen uns lagen. Die Tage gemeinsam im Büro sanken auf ein Minimum, doch für mich waren sie dann umso intensiver. Und dann war da was, mit dem ich so schnell nicht gerechnet hätte…
Meine Duale Studentin hatte Arbeitsfelder, die sie mit leuchtenden Augen machte und dann waren konzeptionelle Tätigkeiten, für die sie all ihre Kraft aufwendete, um sie durchschnittlich bis gut zu machen. Ihr Ehrgeiz war unermüdlich, jedoch die Ergebnisse unterschiedlich.
Die Prophetin …
Mein Bauchgefühl sagte mir „Schau genauer hin – sie ist ein Diamant, der möglicherweise gerade einen Fehlschliff erhält“. Es ließ mich nicht mehr los und so analysierte ich bis ins kleinste Detail, wo ich ihre Stärken im Alltag bei uns wahrnehmen konnte. Und ich erschrak.
Sie hatte sich in uns den falschen Arbeitgeber herausgesucht für das, wo ihre Stärken lagen.
Ich hatte es geahnt, doch nicht wahrhaben wollen. Losgelöst von den Bedürfnissen meines Unternehmens, mmp – marketing mit pfeffer, überlegte ich, was das Beste für meine Mitarbeiterin war.
Meine nächste Überlegung war es ihr zu ermöglichen, über 3 Monate jeweils für eine Woche in ein befreundetes Unternehmen hinein zu schnuppern, sodass sie in dem Bereich Corporate Design – ihrem Stärkenfeld - erste Eindrücke gewinnen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nicht den Gedanken, dass ich sie dadurch ganz verlieren könnte, denn immerhin hatte sie ja noch einen Vertrag mit uns, der noch etwas über ein Jahr Bestand hatte. Ich spekulierte eher darauf, dass sie das eine oder andere für uns durchführen könnte.
Die Wende – als hätte ich es geahnt …
Es war die letzte Woche im Partnerunternehmen und wir hatten unser virtuelles Montagsmeeting. Wir fragten sie nach ihren Arbeiten und die Augen leuchteten. Wir fragten sie nach dem, was für sie besonders war und es sprudelte nur so aus ihr heraus. Wir fragten sie, ob sie sich dort wohl fühlen würde und sie wurde rot, als ob sie nach ihrer neuen Liebe gefragt worden wäre und sie sich ertappt gefühlt hätte.
Da wusste ich, sie muss so schnell wie möglich weg von uns. Die Prophetin in mir wusste es bereits seit Monaten, doch wahrhaben wollte ich es nicht.
Prinzipien, die einem manchmal das Leben schwer machen …
Ich suchte das Gespräch mit unserem Partner-Unternehmen, um ein mögliches Übernahmeinteresse unserer Dualen Studentin in Erfahrung zu bringen. Denn ich wusste, Werte, Kultur und Philosophie passten grandios zueinander.
Und so überraschte es mich auch nicht im Ansatz, dass mir auch hier begeisterte Menschen mit leuchtenden Augen gegenüberstanden, die von meiner Mitarbeiterin sehr angetan waren.
Und von da an, ging alles sehr schnell – nicht flachsen, sondern handeln.
Immerhin ging es hier um einen jungen Menschen mit besonderen Stärken, die erst noch vollständig gehoben werden wollten. Einen ersten Schritt sind wir gemeinsam gegangen, doch nun trennen sich unsere Wege.
Konsequent – nicht logisch aber emotional …
Für mich gab es kein Abwägen, kann ich das mit meinem Unternehmergeist vereinbaren? Schade ich meinem Unternehmen mit diesem Schritt mehr, als das ich ihm helfe? Kann ich mir einen Weggang leisten?
Menschen, die auf der Reise sind, soll man nicht aufhalten. Ich könnte es mit mir nicht vereinbaren, einen Menschen mehr als ein Jahr in meinem Unternehmen zu halten, nur weil es zu einem früheren Zeitpunkt eine Vereinbarung gab. Ich könnte es nicht ertragen, das Fehlen der leuchtenden Augen zu erkennen und nichts dagegen zu tun. Es würde mir schlaflose Nächte bereiten, wenn ich einen Menschen daran hinderte, sein volles Potenzial auszuleben.
Ist es nicht mit eines der wertvollsten Geschenke, einen Menschen, der auf seine Reise geht, ihm bei dieser zu helfen, ihn zu unterstützen und ein Steigbügel zu sein?
Wir müssen uns neu koordinieren, wir müssen neu suchen, wir müssen neu aufteilen.
Doch eines ist gewiss, wir haben einem Menschen zu Flügeln verholfen, ihn unterstützt und wir werden in Verbindung bleiben, denn der neue Arbeitgeber ist ein sehr enger Partner von uns.