Blog mit Pfeffer

Haben Sie als Unternehmen einen Ressourcen-Überschuss?

Geschrieben von Nicole M. Pfeffer am .

... dann kopieren Sie doch...

Viele Unternehmen haben mit den technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit ihre Mitbewerber sehr aktiv im Blick. Sie analysieren Produkt- und Preisstrategien, sie bewerten Vertriebskanäle und prüfen die Kommunikationsstrategie der Konkurrenz. Meist werden erste Ansätze der betrachtenden Unternehmen von diesen übernommen. Darüber hinaus werden die Stellenbeschreibungen detailliert gelesen, Partner und Kunden des Mitbewerbers nach einem Kriterien System beurteilt und die Ausstattung auf ihre Qualität betrachtet.

Wenn dieser Mechanismus der Konkurrenzanalyse einmal in ganzer Konsequenz in Gang gesetzt ist, ist der Verlust der eigenen Unternehmensidentität nicht mehr weit entfernt.

Die Praxis zeigt: Unternehmen, die sich in einer gewissen Tiefe in der Mitbewerber-Auseinandersetzung befinden, verlieren ihre eigenen Unternehmensidentität und ihre Positionierung.

Die Gründe dafür sind meist menschlicher Natur: Neid, Ehrgeiz, Wettbewerbseifer oder auch fehlende Ideenreichtum und fehlende Risikobereitschaft.

Unternehmen sind bestrebt, Erfolg zu generieren, Kunden zu gewinnen und den Gewinn zu steigern. Ist in diesem Zusammenhang bei einem Mitbewerber ein Erfolgsfaktor zu identifizieren, möchte das Unternehmen diesen meist auch für sich in Anspruch nehmen. Einerseits verdammen Unternehmen die perfekten Kopien aus China und andererseits findet ein guter Spot oder ein guter Werbeslogan emsiger Nachahmer. In unserer Kultur sind Unternehmen eher in der Bewahrer Rolle, die zunächst einmal mehr testen, planen und prüfen, statt mutig einen Piloten zu starten. Hat es dann ein anderes Unternehmen – der Konkurrent – geschafft, etwas Neues zu kreieren unabhängig vom Bereich, sollte dies möglichst schnell auch im eigenen Unternehmen eingesetzt werden.

Es wird ein kleines Team oder mehrere Personen damit beauftragt, sich die Methodik genauer anzusehen. Es wird getüftelt, wie denn dieser Erfolgsfaktor zum Einsatz kommt. Die Werbeagentur erhält den Zusatzauftrag, den eigenen Werbespot anzupassen, die Anzeigenkampagne für das nächste Jahr anzugleichen oder die eigene Vertriebsstruktur zu hinterfragen. Dies jedoch meist ohne kritisch zu hinterfragen, ob damit das eigene Angebot kommuniziert wird oder die Belange der eigenen Zielgruppe ausreichend berücksichtigt sind. 

Nicht selten wird an dieser Stelle der eigene Marketingplan vernachlässigt und das Budget ungewollt vergrößert.

Was meist ins Hintertreffen gerät, sind die eigenen Kontrollmechanismen, die eigenen Marketingziele und die eigene Strategie. Im schlimmsten Fall rücken Ziele in den Mittelpunkt, die nicht der eigenen Unternehmenskultur entsprechen. Synergie gehen verloren, Arbeiten werden doppelt ausgeführt und die eigenen Unternehmenskommunikation klingt plötzlich gekünstelt und gestellt.

Unternehmen begründen in diese Situation meist mit dem Satz:

„Der Markt verlangt es, dass wir unsere Strategie und Vorgehen anpassen. Wir müssen das tun, um auf dem Markt bestehen zu können.“

Eine gute Werbestrategie, eine emotionale Kommunikation oder ein attraktives Angebot wird verändert – nur weil die Konkurrenz sie durchführt und nicht weil bspw. die eigene Kontrolle und die Rückmeldungen der eigenen Kunden es verlangen.

Die Folge: Die eigene Unternehmens-Positionierung verliert an Schärfe, die Zielgruppe verliert das Interesse und die Preisdiskussionen mit dem Kunden steigen an. Die Stärken des Unternehmens verlieren an Kraft.

Das Unternehmen nimmt die Position und Rolle des Konkurrenzunternehmen ein.

Wer ist der Verlierer?
Die eigenen Werte, die eigene Unternehmenskultur und die eigene Authentizität basierend der Kernkompetenzen, der Stärken und der Menschen des Unternehmens.

Es wird eine Abhängigkeit aufgebaut, die mit großem wiederkehrenden Engagement verlangt, den Mitbewerber zu analysieren, zu kopieren und auch zu verstehen und alles im Bereich Marketing anzupassen.

Diese Form der Unternehmensstrategie und Marketingaktivitäten fordert einen höheren Ressourceneinsatz, als mit einer stringent aufgebauten Marketingkonzeption, die eindeutig definierte Ziele verfolgt und aufeinander abgestimmt ist. In der eignen Marketingstrategie werden zudem die Unternehmenskultur berücksichtig, die sich einer höheren Loyalität und Identifikation erfreuen sowohl bei Kunden wie bei Mitarbeiter.

Die Tipps aus der Praxis lauten daher:

  1. Die Aktivitäten der Konkurrenz sind nur bedingt im Blick zu haben.
  2. Die Suche nach Erfolgsfaktoren oder Erfolgsstrategien sollten außerhalb der eigenen Branche gesucht und adaptiert werden.
  3. Die eigene Marketingkonzeption sollte an den eigenen Unternehmenswerten und in Abstimmung der eigenen Unternehmensziele ausgerichtet und individuell erstellt sein.
  4. Die Änderung einer Marketingstrategie sollte niemals nur auf emotionalen Faktoren im Zusammenhang mit dem Mitbewerber erfolgen.

Haben Sie als Unternehmen Ressourcen übrig? ... dann kopieren Sie doch ...
... und stellen sich darauf ein, dass der Zeitpunkt kommt, an dem Sie entweder zu langsam im Kopieren, zu schwach in der Wahrnehmung beim Kunden sind oder aufgrund fehlender Fähigkeiten maßgeblich an Qualität verlieren. 

Doch welches Unternehmen setzt schon freiwillig seine eigene Unternehmensidentität und seine Einzigartigkeit aufs Spiel, um bewusst auf die Verliererstraße zu gehen?

Gepfefferte Grüße,

Ihre
Nicole M. Pfeffer